

Geheimer Sanitätsrat
Prof. Dr. med. Koeppe, Begründer der Einrichtung |
Die Gründung der Provinzial-Irrenanstalt
Altscherbitz im Sommer des Jahres 1876 fiel in die Zeit
der Industrialisierung in Deutschland. Verbunden mit einer
progressiven Entwicklung der Psychiatrie, die durch frühzeitige
kombinierte psychisch-physische Behandlung und Zuwendung
zum Patienten anstelle von Zwangsmaßnahmen gekennzeichnet
war, kam es zur Gründung von modernen Anstalten für
Geisteskranke.
Ziel der freien Behandlung in Altscherbitz sollte auch
eine Entlastung der überfüllten geschlossenen
Irrenanstalten durch Entwicklung der kolonialen Verpflegung
auf landwirtschaftlicher Basis sein. Unter Leitung von Prof.
Dr. Koeppe wurde die Einrichtung mit einer Centralanstalt
und Versorgungsgebäuden für zunächst 250
Kranke im Pavillonstil errichtet.
In den folgenden Jahrzehnten erlangte Altscherbitz unter
dem Wirken des zweiten Direktors, Geheimrat Dr. Paetz, Weltruf. |
Bis 1912 kam es zu zahlreichen Neubauten, z.B. die charakteristischen
Villen, das Siechenasyl, das neue Lazarett sowie Kirche und
Gesellschaftshaus. Das Offen-Tür-System, die Einführung
des Wachsaalsystem, die Anwendung der Bettbehandlung für
psychisch Kranke, die Einführung der Arbeitstherapie
und das System der Kolonisierung der Geisteskranken waren
grundlegende Neuerungen in Altscherbitz.
Die akut Kranken wurden in der Centralanstalt mit ständiger
Überwachung untergebracht, während die gebesserten
Kranken in offenen Landhäusern (Villen) wohnten und mit
landwirtschaftlicher Arbeit beschäftigt wurden. |
Die ersten Gebäude der
Provinzial-Irren-Anstalt Alt-Scherbitz |
Der Ausbruch des ersten Weltkrieges brachte
gravierende Einschnitte; die Sterblichkeit der Patienten stieg
extrem an.
In den zwanziger Jahren kam es zu zahlreichen Neuerungen wie die
elektrische Stromversorgung, eine Warmwasseranlage und ein Röntgengerät
für die Betreuung der Patienten.
Durch die Unmenschlichkeit des Faschismus der
Nazizeit erfolgte auch in Altscherbitz Verbrechen an psychisch
kranken und geistig behinderten Menschen. Unter dem Deckmantel
der Euthanasie kam es von 1939 bis 1945 zur Tötung von 2.862
Patienten in Altscherbitz.
1.864 Patienten wurden aus Altscherbitz in die Tötungsanstalten
nach Bernburg und Brandenburg zum Vergasen gebracht (Hirschinger
2001:219).

Blick auf die Provinzial-Irren-Anstalt
Rittergut Alt-Scherbitz |
Nach Kriegsende war die Altscherbitzer Anstalt
mit Flüchtlingen überfüllt. Es mangelte an
Nahrung, Medikamenten, Wäsche und Personal.
In den fünfziger Jahren wurden viele Gebäude zweckentfremdet
genutzt. Ein Haus war als Haftkrankenhaus umfunktioniert,
ein weiteres als Tuberkulosestation. In der Folgezeit stiegen
die Aufnahmezahlen wieder und die Therapie wurde teilweise
wieder auf den Behandlungsgrundlagen der Anstaltsgründer
aufgebaut.
Eine Neurologische Abteilung wurde 1965 eingerichtet, 1966
entstand die Kinderneuropsychiatrische Abteilung, 1968 wurde
die Neurologisch-Psychiatrische Fachambulanz etabliert. |
Mit der Profilierung zum Fachkrankenhaus für
Neurologie und Psychiatrie wurde aus den o.g. genannten Abteilungen
1970 die Psychiatrische Klinik, die Klink für chronisch-psychische
Krankheiten, die Neurologische und die Kinderneuropsychiatrische
Klinik mit jeweils eigenem Chefarztbereich geschaffen.
Die Psychiatrische Klinik spezialisierte sich 1976 in eine 1.
und 2. Klink, die Klinik für chronisch-psychische Krankheiten
wurde in eine Gerontopsychiatrie umstrukturiert.
Im Jahre 1979 entstand ein Psychotherapeutische Station, 1980
wurde die Psychiatrische Tagesklinik eröffnet, seit 1985
gibt es eine Suchtstation.
Nach 1989 kam es zur Schließung der Kinderneuropsychiatrischen
Klink. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales,
Gesundheit, Jugend und Familie wurde Träger des Sächsischen
Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz.
Die Abteilung für Forensische Psychiatrie entstand und 1999
ging der Langzeitpflegebereich in die Trägerschaft des Kreisverbandes
der VOLKSSOLIDARITÄT Leipziger Land/Muldental e.V. über.
Im August 2001 begann der Neubau und die Sanierung
der Wohn- und Lebensgemeinschaft für Menschen mit Behinderung.
Nach fast dreijähriger Bauzeit konnte die Lebensgemeinschaft
am Elstertal als Wohnstätte für Menschen mit geistiger
und mehrfacher Behinderung übergeben werden. Dieser Neu-
und Umbau und die Sanierung ist möglich geworden, durch die
verschiedenen Fördermaßnahmen des Bundesministerium
für Arbeit und Sozialordnung, die Deutsche Ausgleichsbank,
das Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und
Familie, Ref. Behindertenhilfe, der Aktion Mensch sowie Eigenmittel
des Kreisverbandes der Volkssolidarität Leipziger Land/Muldental
e.V.
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