Zur Besinnung

Lieber Mensch,

dir wurde alles in die Hände gelegt,
alles Leben wurde dir anvertraut.
Du hättest Gärtner sein können
in einem Paradies, in dem lauter Blumen für dich gratis blühen.
Aber du hast deine Hände zu Riesengreifern gemacht
und deine Füße zu plattwalzenden Baggerraupen,
damit überall dein Denkmal aus Stahl und Beton entsteht,
zu deinem Lob und Preis. Nun sitzt du eingezwängt da,
tot zwischen tausend toten Dingen, erstickt in Luxus und Komfort,
und suchst verzweifelt die Pille zum Leben.
Jeder Anschlag auf das Leben in der Natur war ein Anschlag auf dich selbst.

Phil Bosmans
Quelle: Verlag Herder Freiburg im Breisgau

TAIZÉ-ANDACHT
Wohn- und Lebensgemeinschaft
Gesänge und Gebete in der Altscherbitzer Kirche

Offen sein bedeutet, in allen noch etwas zu erwarten, in Hoffnungslosigkeit zu hoffen,
vor scheinbaren Grenzen und stärkeren Mächten nicht zu kapitulieren. Das heißt nicht,
gegen diese Mächte zu kämpfen, sondern verwirklichen, was sie behindern wollen.
Nicht Negation, sondern Position. Offen sein bedeutet, einladend, bereit sein, das Leben
mit anderen zu teilen, die Gemeinschaft suchen.

Offen sein heißt immer, einen Vorschuß an Vertrauen geben. Mehr von sich zeigen als andere,
um so Vertrauen zu schaffen. Wir sind besonders darauf angewiesen, Gemeinschaft und Vertrauen
in einer Welt des Individualismus und des Misstrauens zu erfahren.
Nach Möglichkeiten suchen, überall dort, wo wir wohnen, Orte des Sichverstehens, gegenseitiger
Freiheit, absichtsloser Freude, Orte echten Hörens und Besinnens zu finden.
Trotz aller Beeinflussung und andersartiger Eindrücke.

Frère Roger